Familie Steinberger aus Hofstetten päppelt ein schwerkrankes junges Fuchsbaby auf. Als sie das winzige Tier aufnahm, war zunächst unklar, ob es etwa ein Hund sein könnte. Dann stellte sich heraus, dass es nicht nur aufgrund seines jungen Alters hilfsbedürftig war. Über das Schicksal des ungewöhnlichen Haustiers berichtete das Landsberger Tagblatt im August 2021.
Als sie Ariel am 3. Juni verletzt am Ortsrand fand, wusste die Familie Steinberger nicht, ob es sich um einen jungen Hund oder einen Fuchs handelte. Er müsse angefahren worden sein, erzählt Michelle Steinberger, er hielt seinen Kopf eigentümlich verdreht, konnte sich nicht bewegen und war am Kinn verletzt. Aufgrund eines Schädeltraumas konnte er auch nicht sehen, fand eine Tierärztin heraus, die das Wildtier kostenlos behandelt. Bei den ersten Gehversuchen mussten Michelle und Tochter Alina das rote Knäuel stützen, da es sich nicht auf den Beinen halten konnte. Auch plagten schlimme Durchfälle den jetzt etwa vier bis fünf Monate alten Kleinen.
Der ursprüngliche Plan war, das Jungtier aufzupäppeln und auszuwildern. Die nach Rücksprache mit Jägern und einem Auswilderungsspezialisten in Starnberg geplante Auswilderung hat die Familie aber abgeschrieben. Nach der Entwöhnung von der Flaschenmilch sollten junge Füchse nicht mehr angefasst werden, erzählt Michelle Steinberger. Doch Ariel ist zu krank und auf regelmäßige Medikamentengaben mit einer Spritze angewiesen. Das erwiesen vier Tage Ende Juli, in denen er verschwunden war und schließlich auf einem nahegelegenen Bauernhof wiedergefunden wurde, wo er von Hühnern und Gänsen attackiert worden war. Ausgehungert, verwildert und in einem erbärmlichen Gesundheitszustand brachte ihn Michelle Steinberger wieder nach Hause. Die Familie gewöhnt ihn jetzt an Burstgeschirr und Leine und plant, ihn mit einem GPS-Tracker zu versehen. So kann er nachts in seinem Gehege im Garten bleiben und später nach Belieben auf Streifzüge gehen. Sollte er doch vorher wieder einmal auf Erkundungstour gehen, hofft Michelle Steinberger, dass er erkannt und sie informiert wird. Bei seinem Verschwinden hätten viele mitgeholfen, sagt sie dankbar. Sie und ihre Tochter hatten Handzettel mit einem Suchaufruf verteilt und gingen jeder noch so kleinen Spur nach.
Ariels Gesundheitszustand bessert sich wieder, auch seine Sehfähigkeit regeneriert sich. Laut der Veterinärmedizinerin aus Grünsink leide er vermutlich an Epilepsie, sagt Michelle Steinberger. Andere schwere Krankheiten wie Tollwut, Staupe oder ein Virus konnten ausgeschlossen werden. Die Innenarchitektin führt ein Fuchs-Tagebuch, in dem sie Futter, Medikamente und Reaktionen des Tieres festhält. Sie recherchiert und liest viel und tauscht sich mit der Tierärztin aus. Über die Haltung von Füchsen finde man wenig, sagt sie, auch zur Ernährung. Bei Ariel wurde die (Hunde-)Welpenmilch zunächst ersetzt durch Welpenfutter, das mittlerweile mit gefrorenen Futtertieren wie Eintagsküken vermischt wird, dazu gibt es gekochten Reis. Der tägliche Speiseplan des Patienten mit dem flauschigen Fell macht viel Arbeit. Mutter und Tochter kostet die Futterzubereitung als Vegetarierinnen große Überwindung. „Aber was macht man nicht aus Liebe“, sagt Michelle Steinberger. Ariel sehe man die Lebensfreude an, wenn es ihm gut geht, speziell seit er gegen Epilepsie behandelt wird. Gerade arbeiten Steinbergers daran, Ariel stubenrein zu trainieren. Wenn es klappt, gibt es ein Leckerli – wie bei einem Hund.

Wird Ariel wach, fordert er Streichel- und Spieleinheiten ein
Tagsüber schläft Ariel im Haus, lässt sich aber auch von der 18-jährigen Alina knuddeln und wacht zum Spielen auf. Dann könne er richtig wild werden, erzählen Mutter und Tochter, und jagt die beiden durchs Haus. Ist er wach, gibt er die unterschiedlichsten Geräusche von sich, vom zarten Fiepsen bis zum truthahnähnlichen Keckern. Im Garten hat Ariel ein großes Gehege mit einer Hundehütte, in der er die Nächte verbringen soll. Vor kurzem fing der Jungfuchs an zu graben und wird sich wohl bald einen eigenen Bau anlegen. Die vier Katzen der Familie, die kein anderes Tier in den weitläufigen Garten lassen, dulden Ariel und nehmen Reißaus, wenn er sie anknurrt. Ansonsten wird er von den Stubentigern ignoriert, die ihrerseits verstärkt Streicheleinheiten bei ihren Frauchen einfordern.
Ariel
Der Name Ariel kommt aus der Mystik und wird gedeutet als „Löwe Gottes“. In der spätjüdischen Lehre ist Ariel der Engel der Landtiere, im Mittelalter repräsentierte er einen Elementargeist. Michelle Steinberger fand einen Hinweis, der Ariel bezeichnet als den, „der durchs Feuer ging“ – für sie der ideale Name für das Fuchskind, das so viel durch- und überlebt hat. „Wir wollten einen Heldennamen“, sagt sie.
Dieser Text von Ulrike Reschke erschien am 21. August 2021 im Landsberger Tagblatt. Er ist urheberrechtlich geschützt. Er darf weder ganz noch auszugsweise von Dritten verwendet werden.