Vier wichtige Faktoren sind die Grundlage für den perfekten Kaffeegenuss. Kaffee, wie er sein sollte, zaubert ein Barista in die Tasse. Doch was macht einen guten Barista eigentlich aus? Nachgefragt bei Ludwig Sanktjohanser aus Dießen, der seine Liebe zu dem schwarzen Getränk zum Beruf gemacht hat.
Was mit Kaffee-Apes, mobilen Kaffeebars auf Basis des italienischen Dreirad-Fahrzeugs von Piaggio, für Events und Märkte anfing, mündete 2015 in der Eröffnung des Cafés „Bohne 37“ in Dießen. Zusammen mit seiner Partnerin Stefanie Grewel sorgt Sanktjohanser, Barista aus Leidenschaft, für köstliche Kaffeespezialitäten sowie vegane und vegetarische Gerichte, auch zum Mitnehmen.
„Barista zu sein fängt mit dem Rohkaffee an“, sagt Ludwig Sanktjohanser, der „Kaffeeguru“ aus der Bohne 37. Drei Elemente sind ihm zufolge wesentlich für den Geschmack verantwortlich: Anbau, Sorte und Röstung. Einen Barista zeichne das Wissen über Anbau, Vorbereitung, Verarbeitung und Röstung „seines“ Kaffees aus – sowie das Bewusstsein darüber, „wie viel Arbeit dahinter steckt, bis die Bohne in deine Mühle kommt“. Die Bohne ist der Kern der Kaffeekirsche, die getrocknet oder gewaschen und erst nach der Ankunft im Bestimmungsland geröstet wird.
Wer guten Kaffee zubereiten wolle, könne anhand des Geruchs, der einer frisch geöffneten Packung entströmt, und durch die Haptik der Bohnen die Qualität der Röstung einschätzen, sagt Ludwig Sanktjohanser. Der Kaffee in der Bohne 37 kommt aus Röstereien, deren Geschichte und Arbeitsweise das Paar kennt und vertraut. „Wir wählen selber den Rohkaffee nicht aus, wissen aber, woher er kommt“, erklärt Sanktjohanser. Mit seinem ökologischen Bewusstsein könne das Paar es nicht vereinbaren, die Anbauer in Ländern wie Südamerika, Äthiopien, Afrika oder Indien selbst zu besuchen.
Den Geschmack beschreibt ein Kaffeekenner in mehr Nuancen als beim Wein. Äthiopische Sorten etwa hätten einen fruchtigen Geschmack „in Richtung Blaubeere oder Mango“, sagt Ludwig Sanktjohanser. „Die Kaffeekirsche ist eine Frucht, es ist normal, dass es danach schmeckt“, erklärt er, „die Leute sind es nur nicht gewöhnt“. Beim Rösten werden Sorten wie Arabica oder Canephora (Robusta) pur verwendet oder gemischt. Das „Röstprofil“ sei das Ergebnis einer intensiven Verkostung, dem Cupping, sagt Sanktjohanser.
Stefanie Grewel und Ludwig Sanktjohanser weisen auf den Unterschied hin zwischen Industriekaffee und den Produkten aus kleinen Röstereien: Der erste enthalte zuweilen auch zerbrochene Bohnen oder leere Hüllen. Gemahlener Kaffee dürfe bis zu fünf Prozent Holzstückchen oder Äste beinhalten, was der Konsument nicht bemerkt. Der Grund: Kaffee gilt als Genussmittel, weshalb die Regeln lockerer als bei Lebensmitteln sind. „Das erklären wir auch unseren Kunden“, sagt Stefanie Grewel. Zu schnell und zu heiß geröstete Bohnen platzen auf, brechen und schmecken schnell verbrannt. „Viele rösten so dunkel, dass alle Kaffees gleich schmecken“, sagt Stefanie Grewel. Eine schonende Röstung dauere 15 bis 20 Minuten. Die Temperatur sei geringer als in industriellen Röstbetrieben üblich, wo ein Röstdurchgang meist zwei Minuten dauert.
Bei der Zubereitung spielen vier Hauptfaktoren eine Rolle: Mahlgrad, Menge, Durchlaufzeit und Temperatur. Etwa 200 bis 300 Gramm Kaffee und viel Zeit benötige man, um die Maschine für eine neue Röstung richtig einzustellen, sagt Ludwig Sanktjohanser. „Man muss als Barista Geduld haben“, ergänzt er. Nur so könne die richtige Balance zwischen Bitterkeit und Säure gefunden werden. Auch beeinflusse das Sieb im Siebträger, das regelmäßig gereinigt und ersetzt werden muss, den Geschmack. „Ein guter Barista achtet auch auf die Technik. Er merkt, wenn etwas nicht stimmt und kann es sogar selbst in den Griff kriegen“, sagt Ludwig Sanktjohanser. In der Bohne 37 wirkt er an einer digital gesteuerten Maschine, bei der er Faktoren wie die Temperatur ablesen und verändern kann.
Der Originaltext von Ulrike Reschke erschien im Ammerseekurier Spezial Februar/März 2022. Er ist urheberrechtlich geschützt. Er darf weder ganz noch auszugsweise von Dritten verwendet werden.