Missionsmuseum: Große Schätze gerettet

Zwei Jahre war das Missionsmuseum St. Ottilien wegen Sanierung geschlossen, am Missionssonntag 2015 eröffnete dieser besondere Ort wieder. Mit einem neuen Konzept und erweiterten Themen spielt das Museum nun in einer anderen, professionelleren Liga als zuvor.

Die Entwicklung von der völkerkundlichen und zoologischen Sammlung zu einem Museumskonzept, das die Bedeutung von Mission vermitteln möchte, beschreibt dieser Artikel.

Standen zuvor die von Missionsbenediktinern aus St. Ottilien in Afrika und Asien zusammengetragenen Exponate vom Elefantenschädel bis zur Buddhastatue als völkerkundliche und zoologische Sammlung im Fokus, bildet nun die Vermittlung der Bedeutung von Mission den wichtigsten Ansatzpunkt.

„Bei der Eröffnung vor 100 Jahren gab es keine Notwendigkeit zu erklären, was ist Kirche, Kloster und Mission“, sagt Pater Theophil Gaus, der Museumsleiter. Zu diesen Themen hinzuführen sei das Anliegen des neuen Konzepts. Im Obergeschoss machen daher fünf Hörstationen zu den Themen Spiritualität, Bildung, Kunst und Kultur, Freiheit sowie Heilung die einzelnen Aspekte von Mission deutlich. Inmitten der interaktiven Stationen steht vor dem Foto einer afrikanischen Missionsstation eine große geschnitzte Weihnachtskrippe. „Die Krippe ist der Anfang von Mission“, sagt Pater Theophil, „Gott sendet seinen Sohn“.

Neue Themen
Erweitert wurde die Ausstellung um die neu aufgenommenen Themen Kolonialismus und Märtyrertum. Vielen sei nicht bewusst, sagt Pater Theophil, dass Ottilianer Mönche und Schwestern, die heute in Tutzing ihr Kloster haben, im damaligen Deutsch-Ostafrika wegen ihres Glaubens gequält wurden und starben: 1889 bei einem Überfall auf die Missionsstation Pugu und 1905 beim Maji-Maji-Aufstand gegen die deutsche Regierung, später auch in China und Nordkorea.

Ebenfalls Raum bekamen – im neu geschaffenen Zwischengeschoss – die Geschichte St. Ottiliens sowie die Heiligen Benedikt und Scholastika. Die ursprüngliche Aufteilung des Museums wurde beibehalten: Im Obergeschoss wird Afrika mit seiner Tierwelt und dem traditionellen Handwerk und Alltagsleben vorgestellt. Hier finden sich auch die eindrucksvollen Tier-Dioramen, die Tiere aus Afrika zeigen. Im Untergeschoss sind Vitrinen zu sehen mit farbenprächtigen Schmetterlings- und Käferpräparaten, Schlangen und Vögeln aus Ostafrika. Die Exponate hier sind nach einem geographischen Konzept geordnet: Schnitzereien, Kult-Gegenstände, Waffen aus Afrika, der Themenbereich Kunst/Kultur mit Spielzeug, und als Abschluss des Rundgangs die kleinere Korea-Abteilung.

Neu in der Afrika-Abteilung ist die Film-Ecke. In Dauerschleife werden Filme von Norbert Weber, Missionar und Initiator des Museums, gezeigt. Auf seinen Reisen und in der Mission fotografierte und filmte er. Die Nitrofilme wurden digitalisiert und zeigen nun eindrucksvoll den Alltag der Missionare und ihre Begegnungen mit den Menschen in Afrika. Hier lohnt es sich, den Blick auch nach oben zu richten. Wie in einem Mobile hängen großformatige Fotos aus dem Klosterarchiv mit Szenen aus dem Leben der Missionare von der Decke.

Mehr in den Vordergrund rücken durch Fotos und Texttafeln die Personen, die für das Missionsmuseum wichtig sind: der Gründer Abt Norbert Weber, Pater Kilian Rüth, der als Jäger die meisten der Tiere zur Sammlung beitrug, oder Pater Johannes Häflinger, der Schmetterlinge, Käfer und Insekten sammelte und nach dem sogar einige Arten benannt sind. Sie schickten vor circa 100 Jahren Objekte und Tiere, beziehungsweise deren Felle und Bälger, zur Präparation nach St. Ottilien. Hier wurden sie präpariert – mit sehr viel Arsen, wie Pater Tehophil Gaus berichtet, wodurch sie bis heute in einem ausgezeichneten Zustand seien. Die Exponate dienten zunächst der Information der in die Missionsgebiete folgenden Mitbrüder, bald jedoch wurde die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Den ursprünglichen Charme erhalten

Pater Theophil

Pater Theophil Gaus ist der neue Museumsdirektor

„Die Grundentscheidung war, den alten Charme durch die drei Tier-Dioramen und die Wiederverwendung der Pultvitrinen im Obergeschoss zu erhalten“, erklärt Pater Theophil Gaus. Nach Begutachtung des Fundus durch ein Wissenschaftlerinnen-Team des Fünf-Kontinente-Museums München wurden die präparierten Vögel und Tiere abgestaubt und gereinigt, die Insekten-Präparate auf Ungezieferbefall untersucht und die Sammlung katalogisiert. Als Biologe hat Pater Theophil Gaus eine besondere Affinität zum zoologischen Teil der Sammlung und besonders zu den Vogel-Präparaten im Untergeschoss. „Ich kenne jeden Vogel hier von meinen Reisen nach Afrika“, sagt er. Die Untersuchung der Insekten und Vögel gehörten zu seinen vielfältigen Aufgaben in der Sanierungsphase…

Traditionelles Museum mit modernem Konzept
Schon immer hatte die Ausstellung eine ganz eigene Atmosphäre. Durch die im Oktober 2015 abgeschlossene vierjährige Sanierung wird sie nicht nur bewahrt, sondern vielmehr unterstrichen. Die wertvolle, seit Generationen zusammengetragene Sammlung konnte mit einem großen Aufwand gerettet werden. Mit einem zeitgemäßen Konzept, neuen Texttafeln und Themenbereichen erfüllt das Missionsmuseum nun alle Ansprüche an ein modernes Museum und hat dennoch seinen Charme nicht eingebüßt. Die in den Klosterbetrieben gefertigten Vitrinen wurden aufgearbeitet und beleuchtet. Ein Magnetsystem erlaubt die flexible Präsentation der Gerätschaften und Gegenstände. Und für die vielen Objekte, die nicht ausgestellt werden können, entstand im trockeneren Bereich des Untergeschosses ein neues Depot.

Die Exponate und die neuen Text- und Infotafeln wurden um Vergrößerungen von bis zu 100 Jahre alten Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Archiv des Klosters ergänzt. So erhält der Besucher einen anderen Blick auf die Dinge: Die ausgestellten Gegenstände wurden aus ihrer Abstraktheit gehoben und sind nun in einem ganzheitlichen, realistischen Zusammenhang zu sehen. Ein Beispiel dafür ist der Schmuck eines Heilers, der an einer lebensgroßen Fotografie präsentiert wird. In der „Waffenkammer“ vermittelt eine Fotofigur eines afrikanischen Kriegers einen Eindruck davon, wie die gezeigten Speere, Pfeile und Schilde in der Realität eingesetzt wurden.

Das Haus und seine Geschichte
Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts waren die Missionsbenediktiner aus St. Ottilien in Afrika tätig, ab 1909 folgten Korea, Südafrika und Amerika. Viele der gezeigten und im Depot lagernden Exponate stammen aus den Anfangszeiten der Mission. Den Grundstock der Korea-Abteilung bilden Objekte, die Norbert Weber auf Reisen in das ostasiatische Land 1911 und 1924/25 erwarb.

Norbert Weber, der erste Abt des Klosters St. Ottilien, war auch der Gründer des Missionsmuseums. Seit 1911 befindet es sich im jetzigen, zu diesem Zweck errichteten Gebäude. Norbert Weber initiierte nicht nur den Museumsbau, er förderte auch die weitere Entwicklung der Sammlung.

Die Sanierung
Sanierung und Neukonzeption des Museums haben rund eine Million Euro gekostet. Rund ein Fünftel brachten die Klosterbetriebe als Eigenleistung ein. Viele Zuschussgeber – öffentliche Stellen und Unternehmen aus dem Landkreis – trugen einen Teil dazu bei. Den Löwenanteil übernahmen das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). „Ohne diesen Zuschuss hätten wir die Sanierung nicht durchführen können“, räumt Museumsdirektor Pater Theophil Gaus ein.
„Die ganze Gemeinschaft hat mit entschieden“, berichtet Pater Theophil Gaus vom Beschluss des Konvents zugunsten der Sanierung. „Bei Projekten in dieser Größe ist das üblich.“…

Die Museumskommission, bestehend aus dem damaligen Abt Jeremias Schröder, Pater Theophil Gaus und Dr. Angelika Schuster, erarbeitete bereits ab 2009 das neue Konzept. Von Anfang an beriet ein Team von Ethnologinnen des Fünf-Kontinente-Museums München die Mönche. „Sie haben uns geraten, dringend etwas zu tun“, sagt der Museumsdirektor, „wir hätten große Schätze hier“. Die Sanierung startete im November 2012. Ein Jahr lang konnte während des Umbaus das Obergeschoss mit den Tier-Dioramen noch für Besucher offengehalten werden. Für zwei Jahre war das Missionsmuseum anschließend komplett geschlossen. Im Februar 2014 übernahm Pater Theophil Gaus nach dem Tod von Pater Arnold Waloschek, der 50 Jahre lang das Museum geführt und gestaltet hatte, die Leitung…
Ulrike Reschke / res

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Erschienen im Landsberger Weihnachtsmagazin 2015 und in Landsberg extra, 20.01.2016