Während der Schneephase kommt es zwischen Bauhof und Bürgern immer wieder
zu Auseinandersetzungen. Doch wie können Anwohner im Vorfeld für das Thema Winterdienst sensibilisiert werden?
Planung der Öffentlichkeitsarbeit im Winterdienst. Beispiele aus der kommunalen Praxis. Fachartikel, erschienen in der bauhofLeiter.
Der erste Schnee: Willi Willig fährt mit dem großen Räumfahrzeug die erste Schicht. Die Straßen sollen frei sein, bevor der Berufsverkehr einsetzt. An einer Einmündung steht ein Pkw so ungünstig, dass er das Räumfahrzeug nur mit mühevollem Rangieren und Umstellen des Räumschilds in die Seitenstraße lenken kann. Wenig später sieht er im Rückspiegel einen Mann. Mit Schneeschaufel und drohend erhobener Faust stürmt er aus einer Einfahrt. Willi hat ihm vor die gerade frei geräumte Einfahrt den Schnee von der Fahrbahn geschoben. Im Bauhof klingelt das Telefon. Eine Bürgerin fragt nach, warum die Straße vor ihrem Grundstück noch nicht geräumt ist.
Die Szene ist erfunden – doch sie könnte sich so oder ähnlich in jeder Kommune abspielen. Nicht rechtzeitig oder ungenügend geräumte Straßen, Pkws, die das Durchkommen der Räumfahrzeuge und damit die Arbeit der Bauhofmitarbeiter oder externer Dienstleister erschweren – die Probleme sind vielfältig und austauschbar. Schon im Vorfeld versuchen die Kommunen deshalb, die Bürger für die kalte Jahreszeit und ihre besonderen Herausforderungen zu sensibilisieren: durch Pressemitteilungen an die Lokalpresse, Informationen im Internet sowie gemeindliche Mitteilungsblätter, Bürgerversammlungen und Informationsabende. „der bauhofLeiter“ hat bei drei Städten nachgefragt, wie die Kommunikation zwischen Gemeinde und Bürgern zum Thema Winterdienst gehandhabt wird – und eine App entdeckt, mit der die Organisation der täglichen Arbeit und die Information der Bürger leichter wird.
Die Zuständigkeiten im Winterdienst sind in der Regel folgendermaßen geregelt: Die Kommunen kümmern sich um Straßen und Fahrbahnen, die Besitzer der anliegenden Grundstücke sind für das Räumen und Streuen der Gehwege und Gehbahnen zuständig. Die Einzelheiten regeln die von den Gemeinde- und Stadträten beschlossenen Satzungen zur Straßenreinigung. Diese wiederum basieren auf den jeweiligen Landesgesetzen – beispielsweise in Bayern auf dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz BayStrWG.
Eine Schwarzwaldgemeinde rüstet sich
Die meisten Gemeinden nutzen ihren Internetauftritt, um die Bürger nicht nur rechtzeitig, sondern das ganze Jahr hindurch zum Thema Winterdienst zu informieren. Die Verwaltung von St. Georgen im Schwarzwald (13.000 Einwohner) schickt vor Winterbeginn eine Pressemitteilung an die örtlichen Zeitungen. Der Text wird auch auf der Internetseite der Gemeinde sowie im Mitteilungsblatt veröffentlicht. Darüber hinaus informiere die Gemeinde bei regelmäßigen allgemeinen Bürgerversammlungen und auf Bürgerinformationsabenden rund um den Winterdienst, sagt Markus Esterle, Leiter Fachbereich Bürgerdienste in St. Georgen. Auf http://www.st-georgen.de findet sich die Satzung zur Räum- und Streupflicht. Sie kann als PDF heruntergeladen werden und regelt die Reinigungs-, Räum- und Streupflicht der Anlieger. Hier ist beispielsweise festgelegt, dass diese die Gehwege und Gehbahnen zwischen 6.45 Uhr (sonn- und feiertags 8 Uhr) und 20 Uhr – bei Bedarf auch wiederholt – von Schnee freizuräumen und zu streuen haben.
„Da wir des Öfteren viel Schnee haben, sind alle Beteiligten gut vorbereitet und sensibilisiert“, sagt Esterle. Aufgrund der geografischen Lage herrschen in St. Georgen besondere Bedingungen. „Es ist sehr eng und bergig, entsprechend gibt es sehr viele enge Straßen“, erklärt Esterle. Insgesamt hat der Bauhof 160 km Straße zu räumen.
„Je nach Schneelage kann der Bauhof in Absprache mit dem Ordnungsamt Einbahnregelungen oder Parkverbote erlassen“, erläutert Esterle. Zu Beginn der Wintersaison stellt der Bauhof Verkehrszeichen auf, die das Parken in besonders engen Bereichen verbieten. Behinderndes Parken wird in St. Georgen konsequent verwarnt. Gewährleistet sein muss eine Straßenbreite von 3,05 m – ist dies durch parkende Fahrzeuge nicht gegeben, darf die Stadt ein Verwarnungsgeld verhängen.
Behindern abgestellte Pkw die Räumfahrzeuge, veranlasst das Ordnungsamt eine Halterabfrage, der Gemeindevollzugsdienst (GVD) erlässt eine Verwarnung. Teilweise fährt bereits morgens um 4 oder 5 Uhr ein Vertreter des GVD auf dem Räumfahrzeug mit und verteile Strafzettel, sagt Esterle. Je nach dem Grad der Behinderung müssen Pkw-Besitzer mit 15-35 Euro Strafe rechnen. Die Rechtslage werde in jedem Einzelfall geprüft. „Wenn es rechtlich durchsetzbar ist, wird auch abgeschleppt“, betont er. Die Art der Maßnahme hänge immer vom Grad der Behinderung ab. Stets dokumentieren die Fahrer der Räumfahrzeuge und der Gemeindevollzugsdienst die Situation mittels Fotos. Insgesamt
zieht Markus Esterle ein positives Fazit: „Obwohl die Stadt St. Georgen viele enge Straßen hat und aufgrund der Höhenlage (800-900 m) oft viel Schnee liegt, findet der Winterdienst regelmäßig ohne größere Zwischenfälle statt.“
Breite Straßen, weniger Probleme
Anders stellt sich die Situation in Garching bei München (17.638 Einwohner) dar. Felix Brümmer, im Büro des Bürgermeisters für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, erklärt, dass in die verkehrswichtigen Straßen, welche die Stadt zu räumen habe, die Buslinien aufgenommen seien. „Auf diesen Strecken ist genügend Platz vorhanden, so dass sich die Frage nach etwa zugeparkten Straßen nicht stellt“, sagt er. Verkehrsgefährliche Straßen, die Kommunen laut Gesetz ebenso wie verkehrswichtige Straßen zu räumen haben, gebe es im Zuständigkeitsbereich der Stadt Garching nicht. „Dort, wo nach den gesetzlichen Verpflichtungen kein Winterdienst durchgeführt werden muss, würde nicht geräumt werden, sollte ein Räumfahrzeug nicht durchkommen“, erklärt Brümmer. Weiter sagt er: „Gäbe es einen solchen Vorfall, würde dieser in das tägliche Berichtsheft eingetragen werden.“
Einmal habe es eine Beschwerde gegeben, dass eine Straße nicht geräumt wurde. Es blieb bei diesem einmaligen Vorfall. „Nachdem dem sich beschwerenden Anwohner mitgeteilt wurde, dass der Winterdienst wegen eines in der Zufahrt parkenden Pkw nicht erfolgte, wurde dort nicht mehr geparkt“, sagt Brümmer. Die Information der Garchinger Bürger beschränkt sich auf die satzungsgemäßen Informationen zur Räum- und Streupflicht auf Gehbahnen. Sie werden laut Brümmer vor Beginn des Winters und in der Regel ein bis zwei weitere Male im Internet auf http://www.garching.de sowie in den Zeitungen veröffentlicht.
Online, Info-Telefon und Flyer in München
Die bayerische Landeshauptstadt hält auf ihrem Internetportal eine Reihe von Informationen rund um den Winterdienst bereit. Hier findet sich eine Statistik der vergangenen fünf Jahre inklusive geräumter Kilometer (2.300 km Fahrbahnen), Gesamtkosten und Angaben über Art und Menge der verwendeten Streumittel. Die Einsatzzeiten des städtischen Winterdienstes und seiner Vertragsfirmen sind unter http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/ baureferat/strassenreinigung/winterdienst.html ebenso zu finden wie Hinweise an die Grundstückseigentümer zu deren Räum- und Streupflichten auf Gehwegen.
In jedem Herbst lässt die Landeshauptstadt eine Information über die lokale Presse und den Rundfunk mittels offizieller Pressemitteilung in der „Rathausumschau“ verbreiten. „Im Bedarfsfall“, sagt Klaus Dreyer vom Baureferat Tiefbau, „erfolgt auch eine individuelle Information durch Einwurf von Flyern in die Briefkästen bzw. persönliche Kontaktaufnahme durch das Personal der Straßenunterhaltsbezirke.“ Unter http://www.muenchen.de/winterdienst können sich die Bürger umfassend selbst informieren. Zudem bietet die städtische Abteilung Straßenunterhalt und -betrieb ein Servicetelefon, „sodass grundsätzlich alle Bürgerinnen und Bürger jederzeit umfängliche Informationen zum Themenkomplex Winterdienst erlangen können“, wie Dreyer sagt.
Mobiles Büro für den Winterdienst
Eine Möglichkeit, die Arbeiten im Winterdienst zu planen, zu protokollieren und auszuwerten bietet eine „Winterdienst-App“. Herzstück ist ein Webportal zur Verwaltung der Daten. Über die kostenlose Android-App kann es per WLAN mit beliebig vielen Mitarbeiter-Smartphones verbunden werden. Mitarbeiter der Räumdienste erhalten ihre Touren so direkt aufs Handy. Zu Fuß oder mit einem Fahrzeug zurückgelegte Strecken werden per GPS dokumentiert, Hindernisse können mit der Handykamera festgehalten werden. Der Mitarbeiter kann jederzeit, beispielsweise für eine Pause, die Aufzeichnungsfunktion ausschalten. Über WLAN oder mobil werden die gesammelten Daten nach der Winterdienst-Tour im Bauhofbüro an das Portal übermittelt. Dank Speicherung in einer Cloud, die laut den Entwicklern manipulationssicher ist, können die Daten auch bei später auftretenden Rechtsstreitigkeiten als Beweismittel dienen.
Eingebettet in die Homepage der Gemeinde oder das Intranet, können die Arbeiten des Bauhofs intern oder öffentlich publiziert werden – ohne Programmieraufwand. Somit kann z. B. die Gemeinde veröffentlichen, welche Strecke aktuell geräumt wurde. Umgekehrt haben die Bürger die Möglichkeit, mittels eines von der Gemeinde festgelegten Fragenkatalogs in Kontakt mit dem Bauhof zu treten. Der Dialog wird dann aber nicht öffentlich geführt, sondern per E-Mail.
Ulrike Reschke / res
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Erschienen in: „der bauhofLeiter„, Forum Verlag Herkert GmbH (08/2016)