„Rette Weihnachten“ – so ideal das allerneueste Escape-Room-Motto von Manuel Lorenz und Florian Mühlbauer gerade passt, so ungünstig liegt der in der Vorweihnachtszeit geplante Eröffnungstermin des offiziell mit „Hüter des Glaubens“ betitelten Themas. Auch die geplante Eröffnung der „Countdown Spielewelt“ wurde abgesagt. Warum die beiden dennoch nicht verzweifeln und wofür sie dankbar sind, steht im Artikel, der am 4. Dezember 2021 im Landsberger Tagblatt erschien.
„Aufgrund der Regeln wäre es möglich, aber es macht doch keinen Sinn, wenn wir nur vier Personen reinlassen dürfen“, sagt Lorenz über die Eröffnung. Das Countdown läuft derzeit im Notbetrieb, die meisten Buchungen wurden storniert. Ihren Optimismus haben die beiden dennoch nicht verloren.
„Wir haben eine komische Zeit, wir müssen durchgehen“, sagen sie. Damit handeln sie auch im wahren Leben gemäß der Spielidee der Escape Rooms und der von ihnen demnächst ebenfalls angebotenen Gesellschaftsspiele: gemeinsam weiterzukommen. In diesem Sinn fühlen sie sich auch von all den Kunden unterstützt, die bei Stornierungen Gutscheine akzeptierten. „Alle sollen wissen, dass es uns auch nach der Pandemie weiter geben wird“, sagt Manuel Lorenz. Das Countdown könne noch ein Jahr durchhalten, „wenn auch mit Blessuren“.
Von der Pandemie gebeutelt
Die 2G-Regelung machte den sicheren Besuch eines Escape Rooms im Herbst 2021 zwar möglich, dennoch gingen zunächst die Buchungen zurück, dann häuften sich die Stornierungen. „Man merkt die Angst und Zurückhaltung“, sagt Manuel Lorenz. Auf den Oktober, der mit der Eröffnung von „Mafia“, das in einer New Yorker Bar im Jahr 1929 spielt, sehr gut startete, folgte der November mit hohen Inzidenzzahlen und der roten Krankenhausampel. Firmen, die einen Besuch für ihre Weihnachtsfeier buchten, stornierten. Von anfangs 32 Mitarbeitern schrumpfte das Team auf zwölf Leute. Zunächst lief es so gut, dass zwei weitere Teilzeitkräfte engagiert wurden. Mitte November standen die Buchungen bei einer pro Tag einer Zahl von 15 je Tag im Oktober gegenüber, Ende des Monats dann nur noch Notbetrieb. Mit 80 Prozent Verlust sei die momentane Situation schwieriger als ein Lockdown, sagt der immer noch optimistische Lorenz.
Der 33-Jährige betreibt gemeinsam mit Florian Mühlbauer, mit dem er seit 20 Jahren befreundet ist, das „Countdown“ in Landsberg (mit einer Außenstelle in Kaufering) sowie in Kaufbeuren und Gilching. Memmingen ereilten nach nur vier Monaten die Corona-Lockdowns. Jetzt schließt es endgültig. Über ihre eigene Spielleidenschaft kamen die Freunde zu ihrer Geschäftsidee, die Zwänge der vergangenen Monate brachten sie auf die „Countdown Spielewelt“. Sie biete „alles, was man gegen die Langeweile zuhause machen kann – und zudem Pokémon-Sammelkarten“, sagen sie. Bereit liegt auch ein Puzzle mit 42.000 Teilen für die eigenen Mitarbeiter, das nach Vollendung eine Wand schmücken soll.
Die vergangenen Monate waren nicht einfach. „Bei den Beihilfen zählten wir zu Kultur, bei den Schließungen laufen wir unter Freizeit“, sagt Manuel Lorenz. Durch den Verordnungsdschungel half mit permanenter Begleitung und Ratschlägen Markus Wasserle. In dessen Kauferinger „Kletterei“ betreiben die beiden Landsberger den Escape Room „Expedition ins Bergwerk“. „Er hat an unsere Idee geglaubt“, freut sich der 32-jährige Florian Mühlbauer. Unterstützung gab es auch vom Vermieter Morris Immobilien, der die kompletten Mieten stundete und einen Ausgleich nach Ende der Pandemie angeboten habe. „Sofort, nachdem wir die Hilfen bekommen haben, haben wir das aber bezahlt“, sagt Manuel Lorenz.
Laut Corona-Notverordnung zählen Escape Rooms zu Freizeitstätten. Ein neues Buchungssystem sorgt für zusätzliche Sicherheit für die Besucher. Es gewährleistet, dass sich die einzelnen Gruppen nicht begegnen. Besucher werden an der Tür abgeholt, in den jeweiligen Escape Room begleitet und sind dort unter sich. „Die meisten, die bei uns spielen, sind Wiederholungstäter“, sagt Manuel Lorenz. Die Rätsel haben unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, Hilfestellung gibt es vom Spielleiter. Er begleitet jede Gruppe ab dem Check-in und kann sich über Lautsprecher jederzeit zuschalten. Über die Kameras in dem von ihm betreuten Escape Room beobachtet er das Geschehen – und sieht so beispielsweise, wenn Spieler auf den Holzweg geraten. Anschließend bereitet er den Raum für die nächste Gruppe vor, inklusive gründlicher Desinfektion.
„Bei Escape Room denkt jeder an Mord und Totschlag“, sagt Manuel Lorenz, „dabei machen wir echt schöne Sachen“. Die Spielszenen sind authentisch und mit akribischer Liebe zum Detail gestaltet. Es geht darum, ein Rätsel zu lösen, ob zu zweit oder zu sechst. Die Spannung, ob die gestellte Aufgabe in der vorgegebenen Zeit gelöst werden kann, ist bei jedem Thema da. Echter Grusel steckt hinter dem Thema „Die Nervenheilanstalt“. Alle Sinne sind gefordert auf der untergehenden Titanic mit schiefem Boden. Im Brückenlockdown eröffnete die im Stil von Indiana Jones gestaltete „Gruft der Königin“ Zum Advent sollte „Hüter des Glaubens“ folgen. Hier geht es darum, Weihnachten zu retten. Die Kulisse ist ein Fest für alle Weihnachtsfans und „Weihnachtsmann und Co KG“-Anhänger. „Weihnachten ist unser schönstes Thema“, schwärmt Inhaber Manuel Lorenz. Hier konnte sich das Team kreativ austoben. Für die Malereien ist Mitarbeiterin Carolin Schwarz zuständig. Requisiten, die nicht käuflich zu erwerben sind, fertigt Erwin Schnieringer teils nach eigenen Entwürfen mit einem 3D-Drucker an. Vor jeder Eröffnung laufen Testspiele. Von der Idee bis zur Eröffnung stecken in jedem Thema je nach Aufwand zwischen 5000 und 20.000 Arbeitsstunden.
Kreativität ist Trumpf und alles Marke Eigenbau
Lorenz und Mühlbauer – von Beruf Einzelhandelskaufmann und Gärtner – eigneten sich für ihr Business, das zugleich Hobby und Leidenschaft ist, umfangreiche handwerkliche Fähigkeiten an. „Vorher musste meine Freundin die Ikea-Regale zusammenbauen, weil mir das so fremd war“, erzählt Manuel Lorenz. Inzwischen machen sie im Team alles selbst, vom Trockenbau in der Rohbauhalle bis zur kreativen Gestaltung der Räume, inklusive Tapezieren und Spachteln. In jedem Thema sind „als Seitenhieb“, so Manuel Lorenz, die Mitarbeiter verewigt. In der Weihnachtswelt – wie sollte es anders sein – als Wichtel auf Santa‘s „Wer war artig“-Tafel.
Dieser Text von Ulrike Reschke erschien am 4. Dezember 2021 im Landsberger Tagblatt. Er ist urheberrechtlich geschützt. Er darf weder ganz noch auszugsweise von Dritten verwendet werden.